Unser zweites Gehirn - Die lange unterschätzten Funktionen des Darms

Unser zweites Gehirn - Die lange unterschätzten Funktionen des Darms

Moderne Spitzenforschung

Seit wir 2017 zum ersten Mal mit dem Buch “The Psychobiotic Revolution” des irischen Professors für Anatomie & Neurowissenschaften, John F. Cryan, auf den Darm und seine Rolle bei Krankheiten, Stimmungen und Charakterzügen aufmerksam geworden sind, lässt uns das Thema nicht mehr los. Wie der Titel schon vermuten lässt, handelt es sich bei den darin präsentierten Forschungserkenntnissen um nichts Geringeres als ein neues revolutionäres Denken in der Medizin.

Aber zuerst möchten wir dir gerne eine Frage stellen. Wie sehr glaubst du an den freien Willen des Menschen? Dein Verlangen nach Schokolade oder etwas Herzhaftem, ist alles eine Frage der Willenskraft, zumindest wenn man den meisten Fitnessinfluencern Glauben schenken möchte. Deine Partnerwahl, dein Empfinden für Attraktivität, deine Jobwahl, deine moralischen Standards, das hast du dir alles selbst ausgesucht, nicht wahr?

Was wäre, wenn dein Körper deinen Verstand mehr zu seinem Sklaven macht, als du denkst?

Nichts geringeres postulieren die Neurowissenschaftler der irischen Universität in Cork. Und das aus gutem Grund. Denn wie sich in den Studien des Teams um Professor John F. Cryan herausstellt, hat das Mikrobiom mehr Kontrolle über uns als wir denken. Die "Schuld" daran trägt vor allem der sogenannte Vagus Nerv.

Der Vagus Nerv

Dieser besondere Nerv wird in Studien der französischen Uniklinik Grenobles als Darm-Hirn-Schnittstelle erkannt (1.) Doch wer kontrolliert hier eigentlich wen? Denn wie sich herausstellt, ist der Vagus Nerv keine Einbahnstraße. 


Vagus Nerv

 

Aber was kommt aus der anderen Richtung? Dazu schreiben die Forscher:

 

Die Mikrobiota, der Darm und das Gehirn kommunizieren über die Darm-Hirn-Achse auf bidirektionale Weise. Der Vagusnerv ist in der Lage, die Stoffwechselprodukte der Mikroben zu erfassen und diese Darminformationen an das zentrale Nervensystem weiterzuleiten.

- The Vagus Nerve at the Interface of the Microbiota-Gut-Brain Axis

Die Mikroben in unserem Darm kommunzieren also mit uns und der Vagus Nerv dient hier als eine der Hauptschnittstellen.

Das enterische Nervensystem (von enteral = den Darm betreffend)

Unser Darm ist von 600 Millionen Nervenzellen durchzogen (zum Vergleich: das menschliche Gehirn hat etwa 100 Milliarden Nervenzellen). Dieses dichte Nervensystem nennt sich “enterisches Nervensystem” (enterisch von altgriechisch ”enteron” für Darm)
und wird deshalb auch als "das zweite Gehirn" bezeichnet.

Wie kommunizieren unsere Darmbakterien mit uns?

Nicht nur das enterische Nervensystem sendet Signale, sondern auch die Bakterien in unserem Darm selbst. Jeder von uns trägt sein eigenes Chemielabor in sich. In diesem Labor wird eine ganz individuelle Mischung gebraut. Denn jeder Bakterienstamm in unserem Darm stellt irgendeinen Stoff her. Über die Darmbarriere und den Vagusnerv gelangen die von den Bakterien produzierten Stoffwechselprodukte, wie Neurotransmitter und kurzkettige Fettsäuren, ins Gehirn.

 

Darm-Hirn Achse

 

Dort können sie von Glücksgefühlen bis hin zu Depressionen alles auslösen. Bekommen die Bakterien ihr bevorzugtes Futter nicht, können Sie sogar Krankheiten, Energiemangel, und allerlei Verhaltensweisen verursachen (2.). Doch wie funktioniert das überhaupt? Schauen wir uns das Mikrobiom dazu mal genauer an:

Wie ist das Mikrobiom aufgebaut?

Das Mikrobiom besteht aus über 500 verschiedenen Bakterienspezies. Den Großteil davon machen die folgenden 4 Stämme mit ihren jeweiligen Gattungen aus:

 

Bakterienspezies im Darm

                                

Wie du siehst, ist in deinem Darm einiges los. Zwischen den ganzen Bakterien herrscht außerdem ein regelrechter Kampf um die Vorherrschaft. Gewinnt eine Seite die Überhand, spricht man von einer “Dysbiose”. Wie passiert das? z.B. durch einseitige Ernährung, Stress oder Antibiotika.

Wie genau kommunizieren Bakterien im Darm mit dem Gehirn?

Das passiert über die 3 Hauptkommunikationswege im Körper (3. - 4.):

  1. Das Nervensystem
    • Per Neurotransmitter über den Vagus Nerv 
    • Per kurzkettiger Fettsäuren über den Vagus Nerv

  2.  Das Immunsystem
    • Per Zytokine über den Blutkreislauf

  3. Das endokrine (hormonelle) System
    • Per Hormone über den Blutkreislauf

 

Die Vorstellung, dass Bakterien mit uns sprechen, klingt vielleicht weniger absurd, wenn man sich vor Augen hält, dass es all diese Bakterien schon sehr viel länger gibt, als den Mensch selbst. Wir haben uns über unsere gesamte Evolution hinweg in einer Symbiose mit unseren Bakterien im Darm entwickelt. Diese Bakterien verteidigen uns sehr eifersüchtig vor Eindringlingen. Sie bekämpfen fremde und potenziell schädliche Mikroben von ganz allein. Lange bevor unser Immunsystem überhaupt Kontakt mit den Erregern bekommt, haben unsere Bakterien schon einen langen Kampf hinter sich. 

Wie unsere Darmbakterien das Immunsystem steuern

Und auch das Immunsystem selbst können sie steuern:

Denn die Zellen der Darmschleimhaut produzieren Zytokine. Das sind Alarmsignale des Immunsystem. Zytokine und die kurzkettigen Fettsäuren der Bakterien aktivieren die Microglia, das sind Immunzellen im Gehirn, welche Pathogene bekämpfen, aber auch depressiv machen. (3.)

Einige Mikroben, insbesondere die Bifido-Arten, produzieren Butyrat (Buttersäure), welches die Darmschleimhaut nährt und repariert. Butyrat kann seinen Weg ins Gehirn finden, wo es für gute Laune sorgt, Entzündungen dämpft oder die Produktion eines Hirnwachstumshormons anregt. All diese Veränderungen können die Stimmung verbessern und sogar helfen, besser zu denken (4.)

Die Mikroben selbst können ebenfalls Zytokine produzieren und direkt mit dem Immunsystem kommunizieren. Bakterien der Lacto Spezies können sogar Acetylcholin & Cortisol produzieren und so Immunreaktionen dämpfen.

Konditionierung durch Darmbakterien?

Die Kommunikation der Bakterien geht so weit, dass sie uns sogar konditionieren können. In Studien mit Menschen, die an Reizdarmsyndrom leiden, wurde festgestellt, dass einige Lacto-Arten tatsächlich die Opioid- und Cannabinoid-Rezeptoren im Gehirn manipulieren und als Reaktion auf bestimmte Nahrung Glücksgefühle auslösen.

Das ist eine klassische pawlowsche Konditionierung!

So hat die Universität Lissabon auch in einer Studie mit Fruchtfliegen gezeigt, dass diese ihre Nahrungsmittelauswahl bei einem verändertem Mikrobiom anpassen (5.).

Aber auch beim Menschen wurde gezeigt, dass sich das Mikrobiom und dementsprechend auch die Nahrungsmittelauswahl bei Stress verändert (6.).

Außerdem üben bspw. Bifidobakterien über die kurzkettigen Fettsäuren einen starken Einfluss auf uns aus. Eine Studie des University College in London zeigt, dass besonders Butyrat (Buttersäure) einen antidepressiven Effekt auf das Gehirn hat (7.)

Jede Bakteriengattung scheint eine eigene Art zu haben, um eine angemessene Mahlzeit zu bitten, und sie haben auch ihre eigene Art, sich zu bedanken.

So mögen Bacteroidetes vor allem Fett, Prevotella lieben Kohlenhydrate und Bifidos bevorzugen Ballaststoffe. Im Gegenzug versorgen sie uns mit ihren positiv wirkenden Stoffwechselprodukten.

Im schlechtesten Fall sieht man das deutlich an EHEC (Enterohämorrhagische Escherichia coli), die sich so lange brav verhalten, bis ihnen der Zucker ausgeht. Dann fangen die Bakterien an, sich in die Darmschleimhaut zu fressen und verursachen blutigen Durchfall. Hier hilft es dann tatsächlich Zucker zu essen!

 

Was sind kurzkettige Fettsäuren?

Kurzkettige Fettsäuren werden von bestimmten Darmbakterien durch Fermentation komplexer, resistenter Kohlenhydrate (z. B. Fructo-Oligosaccharide, Zuckeralkohole, resistente Stärke, Inulin und Polysaccharide aus Pflanzenzellwänden) produziert, die der Verdauung und Absorption im Dünndarm entgehen und somit im Dickdarm landen.

 

Kurzkettige Fettsäuren

Wie in einigen Studien festgestellt wurde, sind es genau diese kurzkettigen Fettsäuren, welche auch eine ungünstige Zusammensetzung der Darmbakterien selbst korrigieren können. 

Denn Sie dienen denjenigen Bakterien als Futter, die eine besonders hohe Schutzfunktion für den menschlichen Organismus aufweisen: Zum Beispiel verhindern sie Entzündungen und schützen vor einem überaktivem Immunsystem indem sie die natürliche Barrierefunktion der Darmschleimhaut aufrecht erhalten (8.).

 

Kurzkettige Fettsäuren Darmbarriere


Kurzkettige Fettsäuren und Energieproduktion

Aber auch im Metabolismus unserer Zellen spielen Sie eine wichtige Rolle. Die spezielle Fettsäure Butyrat (Buttersäure), wird für die ATP-Produktion in den Mitochondrien benötigt (9.). Wie das funktioniert, darüber haben wir schonmal in unserem Blogartikel "Wie Cordyceps deine Leistung steigert" geschrieben.

 

   Quelle: imd-berlin

 

Die moderne Gesellschaft als Ergebnis unseres Mikrobioms?

Die Macht der Bakterien über unser Gehirn geht so weit, dass die Forscher sogar philosophieren, ob unsere ganze Gesellschaft nicht eigentlich eher den Bakterien in unserem Darm dient als uns selbst. Sind wir Sklaven von Bakterien? Die Aussage ist sehr überspitzt, aber in gewisser Hinsicht könnte man das behaupten.

Denn dass selbst unsere Partnerwahl von unseren Bakterien beeinflusst wird, hat die Universität Oslo sehr eindrucksvoll beschrieben (10.).

"Das reproduktive Mikrobiom kann Selektionsdruck auf Männchen und Weibchen ausüben, was sich entscheidend auf die sexuelle Selektion, sexuelle Konflikte und die Entstehung von Paarungssystemen und Reproduktionsbarrieren auswirkt."

 Auch viele deiner persönlichen Eigenheiten, die du als "so bin ich eben" empfindest, könnten in Wirklichkeit sogar vage Botschaften des Darms sein (2.).

Das Mikrobiom und die frühkindliche Entwicklung

Wie essenziell das Mikrobiom für uns ist, sieht man auch an anderen Stellen.
Das Bifidobakterium ist zum Beispiel darauf spezialisiert, ganz bestimmte Zucker aus der Muttermilch zu verarbeiten. Die Stoffwechselprodukte (Sialinsäure, ILA (Indol-3-Milchsäure)), die dabei entstehen, sind ganz besonders wichtig für die Entwicklung des frühkindlichen Gehirns. Ohne Bifidobakterium, könnten Babies die menschliche Muttermilch also viel schlechter verarbeiten (11.). 

Eine Studie, die in der Zeitschrift Cell Chemical Biology veröffentlicht wurde, zeigt, dass sich

"Bifidobacterium longum erfolgreich an die einzigartige Nische des Säuglingsdarms angepasst hat, indem es ein Enzym namens LnbX (Lacto-n-biosidase) produziert, welches dieser Mikrobe ermöglicht, auf einem Zucker zu wachsen, der nur in der menschlichen Milch ausreichend vorhanden ist."

Unsere Bakterien trainieren auch die Zellen unseres Immunsystems. Bei Neugeborenen ist das Immunsystem sehr aggressiv und überaktiv. Die Immunzellen wissen noch nicht, welche Zellen und Bakterien freundlich und welche feindlich sind (12.). Das Mikrobiom gibt bestimmte Stoffwechselprodukte ab, die von den dendritischen Zellen, das sind Regulatoren der Immunabwehr, aufgenommen und verarbeitet werden. Daraufhin werden spezielle Immunzellen ausgebildet (T-Helferzellen), die sich nur im Darm wiederfinden und die freundlichen Mikroben gewähren lassen (13.)

Kaiserschnitt und Ersatzmilch

Daraus ergibt sich natürlich, dass die einzigartige Bakterienmischung, die dem Kind bei einer normalen Geburt mitgegeben wird unersetzbar ist. Die Mutter gibt so ihr (in den besten Fällen) gut trainiertes Mikrobiom an das Kind weiter. Das ist bei einem Kaiserschnitt aber nicht der Fall. Ebenso wenig lässt sich die natürliche Muttermilch noch nicht vollends ersetzen.

Die Wirkung der Psyche auf das Mikrobiom

Wir haben ja am Anfang gesagt, dass die Kommunikation zwischen Darm und Gehirn keine Einbahnstraße ist. So zeigt sich, dass Norepinephrin und Dopamin aus dem Gehirn auch die Zahl der pathogenen Bakterien im Darm in die Höhe schießen lassen kann.

Dabei handelt es sich um Stressmoleküle die bei "Kampf- oder Fluchtreaktionen" ausgelöst werden. Ihr Job ist es, dich ängstlich und aufmerksam zu machen. Sie unterwerfen den Darm und das Immunsystem und geben so pathogenen Bakterien mehr Chancen einzudringen (14.)

Stress kann außerdem den Gehalt von Säure, Schleim und anderer Sekrete im Darm beeinflussen.

Dass Stresshormone sogar die Anzahl guter Mikroben reduzieren, zeigte eine Studie an Universitätsstudenten, welche vor und während einer Klausurenphase untersucht wurden. Studenten unter akutem Prüfungsstress hatten weniger Laktobakterien im Darm als die Kontrollgruppe (15.).

Depression durch falsche Ernährung?

Was ist Depression? Es gibt da eigentlich kaum einen Unterschied zum “Sickness-Behavior” also normalem Krankheitsverhalten. Das klassische "Sich die Decke über den Kopf ziehen und alleine sein wollen".

Depressives Verhalten hat eine lange evolutionäre Geschichte um bei Krankheit dein Überleben zu sichern, indem Energie gespart wird um die Infektion zu bekämpfen.

In der modernen Welt mit vorherrschendem Stress, einer Ernährung mit hohem Fett und Zuckergehalt und einem sitzendem Lebensstil ist Depression aber keine nützliche Adaption mehr. Das nennt man dann chronisches Krankheitsverhalten. Hier zeigt sich also, wie ein negativer Kreislauf entstehen kann.

Dass durch Stress sogar die Durchlässigkeit der Darmbarriere erhöht wird ist mittlerweile ebenfalls gut erforscht (16.-18.).

Die wichtige und sensible Darmbarriere

In unserem Körper bestehen einige extrem wichtige Barrieren:

  1. Die Darmbarriere
  2. die Pfortader
  3. die Blut-Hirnschranke.

Diese Barrieren sind wie folgt aufgebaut:

 

 

 

 

 

Hier sind vor allem die “Tight Junction” Proteine wichtig (zu deutsch “enge Verbindung”)

Tight junction Proteine verschließen die Zellzwischenräume in der Darmschleimhaut und den anderen Barrieren. Deren Funktion wird nicht nur von Glycin und Glutamin, sondern besonders auch von Zonulin reguliert.

Zonulin ist ein Protein, das die Durchlässigkeit von Tight Junctions zwischen Zellen der Wand des Verdauungstrakts erhöht.

Wikipedia

Die Störung der Darmbarrierefunktion wird auch als Leaky Gut bezeichnet. Dieser Begriff ist aus dem Englischen übersetzt und bedeutet »durchlässiger Darm«. Das Zonulin kann als Labormarker genutzt werden, der eine Störung der Darmbarriere anzeigt. 

 

Was kannst du tun um deinen Darm gesund zu halten?

Omega 3:

Studien an Menschen und Tieren haben gezeigt, dass Omega-3 die Darm-Hirn-Achse über die Zusammensetzung der Darmmikrobiota beeinflussen kann (19.)

"In unserem Labor haben wir herausgefunden, dass mehrfach ungesättigte Fettsäuren wie Omega-3 die Auswirkungen von frühkindlichem Stress auf die Darmmikrobiota umkehren. Ratten, die von ihren Müttern getrennt werden, sind gestresst, was zu einer Störung der Darm-Hirn-Funktion und einer lang anhaltenden dysbiotischen Mikrobiota führt. Diese Ratten zeigen Anzeichen von Depressionen und Angstzuständen. Eine Nahrungsergänzung mit Omega-3-Fettsäuren stellt jedoch ihre Mikrobiota wieder her und reduziert den Cortisolspiegel.".

 

Ballaststoffe 

Die guten Bifidobakterien im Darm lieben Ballaststoffe und verstoffwechseln sie zu Butyrat. Das hilft die Darmschleimhaut zu reparieren und schüttet Neurotransmitter für eine positive Stimmung aus.

Lebensmittel mit viel Ballaststoffen sind:

  • Artischocken
  • Chicoree
  • Endivien
  • Linsen
  • Lauch
  • Spargel
  • Bohnen - besonders Limas
  • Zwiebeln
  • Knoblauch 
  • Bananen, Äpfel, Orangen 
  • Rote Bete
  • Brokkoli
  • Fenchel
  • Ingwer

Resistente Stärke

entsteht durch das Abkühlen gekochter, stärkehaltiger Nahrungsmittel wie Kartoffeln, Reis und Nudeln. Durch das Abkühlen verändert die Stärke ihre chemische Struktur. Sie wird für den Darm nahezu unverdaulich. Klingt erstmal ungesund, so bleibt sie aber für die Darmbakterien erhalten und hat einen positiven Einfluss auf die Darmflora.

Fermente

Fermentierte Lebensmittel enthalten lebendige Bakterien die sich positiv auf den Darm auswirken. Die Auswahl an fermentierten Lebensmitteln ist groß:
Ob Kimchi, Sauerkraut, Kombucha, Tempeh, die normalen Salz-Dill-Gurken aus dem Supermarkt (wichtig: keine "Cornichons" oder andere eingelegte Gurken nutzen, dort ist immer Zucker und Branntweinessig zugefügt), Kefir oder Joghurt, es kaum eine Ausrede um nicht mehr Fermente zu essen. Vorsicht jedoch bei Histaminintoleranz oder bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen.

Joghurt

Beim Joghurt sollte man darauf achten, dass er keine Geschmacksrichtung, kein Zucker, keine Zusätze hat. Außerdem gilt: je fettiger desto besser!

Wenn man Milchprodukten das Fett entzieht, konzentriert man den Milchzucker, wodurch sich das Verhältnis zwischen den Laktobakterien und den Zuckern, die sie gerne fressen, zum Negativen ändert . So zeigte sich, dass sich die antidepressiven Eigenschaften der Mikroben nur aus Joghurt mit einem höheren Fettgehalt entfalten (20.).

Die Forschung zeigt auch, dass Vitamin D diese Wirkung der aktiven Mikroben im Joghurt verstärkt (21.).

Antioxidantien

Antioxidantien können den Gehalt an gesunden Bifido- und Laktospezies erhöhen. Sie stärken allgemein die Darmgesundheit und können entzündliche Darmerkrankungen verbessern (22.).

 
A2 Milch

BCM-7 aus A1 Milch bindet an Opioid Rezeptoren im ganzen Körper. Dadurch hat es eine süchtig machende Wirkung. Im Darm kann BCM-7 Entzündungen fördern und die Darmpassage verzögern. Durch die veränderte Struktur von A2 Milch kann das BCM-7 erst gar nicht abgespalten werden. Darüber haben wir auch in unserem Artikel zu A2 Casein geschrieben.


Funktionelle Pilze:

Reishi (Ganoderma Lucidum)

Die Supplementierung mit dem G. lucidum-Polysaccharid-Stamm S3 (GLPS3) erhöhte die relative Häufigkeit der nützlichen Bakterien wie Lactobacillus, Roseburia und Lachnospiraceae. GLPS3 hemmte in einer Studie Pankreatitis durch die Regulierung der Mikrobiota (23.).

Chaga (Inonotus Obliquus)

Chaga kann Veränderungen im Mikrobiom hervorrufen und die Anzahl an Bacteroidetes in Richtung eines gesunden bakteriellen Profils bringt. Ein Experiment dazu wurde mit drei verschiedenen Dosierungen von Chaga Extrakt durchgeführt: 0,1, 0,2 und 0,4 g/kg/Tag (24.-25.).

Turkey Tail (Trametes versicolor)

In einer Studie wurde berichtet, dass der Turkey Tail Pilz Bifidobakterien und Lactobacillus modifiziert und dadurch das menschliche Mikrobiom reguliert (26.)

In einer anderen Studie wurde ebenfalls berichtet, dass Polysaccharide aus Trametes versicolor die Bakterienflora verändern können. In diesem Experiment wurden gesunde Menschen für eine klinische Studie verwendet. Sie erhielten an den Tagen 1 bis 14 dreimal täglich 1200 mg auf nüchternen Magen.

Die Ergebnisse der Studie besagen, dass Turkey Tail die Zusammensetzung des Mikrobioms reguliert, was bei der Kontrollgruppe nicht der Fall war (27.).


Was solltest du für einen gesunden Darm vermeiden?


Hochverarbeitete Lebensmittel

Ein große norwegische Studie mit 23.000 Frauen und Kindern hat gezeigt, dass hochverarbeitete Lebensmittel Depressionen und Angstzustände auslösen können, indem sie wahrscheinlich die schlechteren Bakterien im Darm wachsen lassen. Der Clou dabei: Die Kinder selbst haben normal gegessen aber die Kinder von Müttern, die während der Schwangerschaft Junk Food gegessen haben, wiesen häufiger psychische Probleme auf (28.).

Ein andere Studie aus Norwegen mit 5700 Teilnehmern zeigte eine direkte Verbindung zwischen einer schlechten Ernährung und Depressionen und Angstzuständen (29.-30.).

Zuckerkonsum minimieren

Viele Darmbaktieren die Zucker mögen, gehören den pathogenen Spezies an.
Ein groß angelegte, internationale Studie hat außerdem einen signifikanten Zusammenhang zwischen Zuckerkonsum und Depression dargelegt (31.).

Weniger Alkohol trinken

In eine weiteren Studie der Universität Cork wurden Ratten einem Alkoholdampf ausgesetzt um die Reaktionen des Mikrobioms zu messen. Nach 4 Wochen wurden die Fäkalien analysiert, in denen die Diversität der Mikrobiota stark abgenommen und die Zahl der Pathogene zugenommen hat. Das entspricht auch anderen Studien die ähnliche Entdeckungen gemacht haben (32.).

Emulgatoren

Emulgatoren werden genutzt um Öl und Wasser vermischen zu können. Davon gibt es genug Beispiele in der Natur. Ein Problem stellen aber einige industrielle Emulgatoren dar, welche negative Auswirkungen auf den Darm haben können. Zwei davon, Carboxymethycellulose (CMC) und Polysorbat 80 (P80), haben in einer Studie die Dicke der wichtigen Schleimschicht im Darm und die Diversität des Mikrobioms reduziert (33.).

In Mausstudien haben die Emulgatoren auch zu Übergewicht und Colitis geführt. Studien am Menschen werden dazu gerade durchgeführt.

Der natürliche Emulgator Lecithin dagegen hat keiner Auswirkungen.

Aufgepasst: Diese beiden Emulgatoren werden gerne für glutenfreie Produkte verwendet.

Anders als in Studien, in denen unrealistisch hohe Mengen eines Stoffes verwendet werden, haben sich diese Studien explizit kleinste Mengen angeschaut, bis zu 1/10 von dem Gehalt, der frei in Produkten verkauft werden darf.

Wie kommt es also, dass solche Produkte erlaubt sind? Weil die meisten Teststellen wie die FDA in den USA oder auch die EMA in Europa nicht nach einem potenziell negativem Einfluss auf das Mikrobiom schauen (34.).


Übergewicht

Menschen, die übergewichtig oder fettleibig sind, leiden in unterschiedlichem Maße an einer Dysbiose, die zu chronischen Entzündungen führt. Eine Gewichtsabnahme bringt die Mikrobiota ins Gleichgewicht, senkt Entzündungswerte und verbessert die Stimmung. Das Gleichgewicht der Darmbakterien kann beim Abnehmen helfen (35. -36.)

Abschließend:

Das ganze Gebiet ist modernste Forschung und es gibt noch viele Mechanismen die unklar sind. Außerdem basieren viele Beobachtungen auf Tierstudien.

Dennoch gibt es hier immer noch mehr Gemeinsamkeiten zwischen Tier und Mensch als Unterschiede, und mehrere der Studien haben gezeigt, dass die meisten menschlichen Mikroben wie erwartet funktionieren, wenn sie auf Mäuse übertragen werden.

 

Quellen:

  1. https://www.frontiersin.org/articles/10.3389/fnins.2018.00049/full

    The Vagus Nerve at the Interface of the Microbiota-Gut-Brain Axis

  2. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/22968153/ 
    Mind-altering microorganisms: the impact of the gut microbiota on brain and behaviour

  3. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/14744800/
    Regulation of microglial inflammatory response by sodium butyrate and short-chain fatty acids

  4. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/21785220/
    Fatty acid-induced gut-brain signaling attenuates neural and behavioral effects of sad emotion in humans 

  5. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3877687/

    A holidic medium for Drosophila melanogaster

  6. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/11139006/
    Stress and food choice: a laboratory study

  7. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/27346602/
    The neuropharmacology of butyrate: The bread and butter of the microbiota-gut-brain axis?

  8. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3337124/
    The role of gut microbiota in immune homeostasis and autoimmunity

  9. https://academic.oup.com/ibdjournal/article/23/1/2/4595517
    An Overview of the Innate and Adaptive Immune System in Inflammatory Bowel Disease

  10. https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0169534719303258
    The Reproductive Microbiome: An Emerging Driver of Sexual Selection, Sexual Conflict, Mating Systems, and Reproductive Isolation - ScienceDirect

  11. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/22688187/
    The microbiome-gut-brain axis during early life regulates the hippocampal serotonergic system in a sex-dependent manner

  12. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/21937990/
    Peripheral education of the immune system by colonic commensal microbiota

  13. https://www.nature.com/articles/ncomms14715

    CD40-signalling abrogates induction of RORγt+ Treg cells by intestinal CD103+ DCs and causes fatal colitis


  14. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC1489335/
    Enhancement of In Vitro Growth of Pathogenic Bacteria by Norepinephrine: Importance of Inoculum Density and Role of Transferrin

  15. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/18023961/
    Investigating the role of perceived stress on bacterial flora activity and salivary cortisol secretion: a possible mechanism underlying susceptibility to illness

  16. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4604320/
    Breaking down the barriers: the gut microbiome, intestinal permeability and stress-related psychiatric disorders

  17. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7213601/
    Stress, depression, diet, and the gut microbiota: human–bacteria interactions at the core of psychoneuroimmunology and nutrition

  18. https://www.frontiersin.org/articles/10.3389/fimmu.2020.01823/full
    Psychological Stress, Intestinal Barrier Dysfunctions, and Autoimmune Disorders: An Overview

  19. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC5751248/

    Impact of Omega-3 Fatty Acids on the Gut Microbiota

  20. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/27466606/

    Intake of High-Fat Yogurt, but Not of Low-Fat Yogurt or Prebiotics, Is Related to Lower Risk of Depression in Women of the SUN Cohort Study

  21. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3085575/

    Gut Microbiota, Probiotics, and Vitamin D: Interrelated Exposures Influencing Allergy, Asthma, and Obesity?

  22. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/21151942/
    Anti-inflammatory effects of resveratrol, curcumin and simvastatin in acute small intestinal inflammation

  23. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/27616696/
    Effects of Ganoderma lucidum polysaccharides on chronic pancreatitis and intestinal microbiota in mice

  24. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/28197985/

    Inonotus obliquus polysaccharide regulates gut microbiota of chronic pancreatitis in mice


  25. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/25861415/

    Ethanol extract of Innotus obliquus (Chaga mushroom) induces G1 cell cycle arrest in HT-29 human colon cancer cells


  26. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/25006989/
    Effects of polysaccharopeptide from Trametes versicolor and amoxicillin on the gut microbiome of healthy volunteers: a randomized clinical trial

  27. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/23435630/
    Trametes versicolor extract modifies human fecal microbiota composition in vitro

  28. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/26109579/

    High glycemic index diet as a risk factor for depression: analyses from the Women's Health Initiative

  29. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/24074470/

    Maternal and early postnatal nutrition and mental health of offspring by age 5 years: a prospective cohort study

  30. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/21715296/

    The association between habitual diet quality and the common mental disorders in community-dwelling adults: the Hordaland Health study

  31. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/12415536/

    A cross-national relationship between sugar consumption and major depression?

  32. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC5518606/

    Drunk Bugs: Chronic Vapour Alcohol Exposure Induces Marked Changes in the Gut Microbiome in Mice

  33. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/25887492/
    Keeping gut lining at bay: impact of emulsifiers


  34. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/25869573/
    Metabolism: Dietary emulsifiers--sweepers of the gut lining?

  35. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/21897203/

    Behavioral satiety sequence in a genetic mouse model of obesity: effects of ghrelin receptor ligands

  36. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4010744/

    Impact of the gut microbiota on the development of obesity and type 2 diabetes mellitus

  37. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/25846319/
    Gut Microbiota: The Conductor in the Orchestra of Immune-Neuroendocrine Communication

  38. https://www.frontiersin.org/articles/10.3389/fpsyt.2022.815422/full
    Fecal Microbiota Transplantation (FMT) as an Adjunctive Therapy for Depression—Case Report

  39. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/25082483/
    Transfer of gut microbiota from lean and obese mice to antibiotic-treated mice

  40. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/27491067/
    Transferring the blues: Depression-associated gut microbiota induces neurobehavioural changes in the rat

  41. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/16945350/
    Antidepressant-like effects of the histone deacetylase inhibitor, sodium butyrate, in the mouse

  42. https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0960982220310691

    Enduring Behavioral Effects Induced by Birth by Caesarean Section in the Mouse

  43. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/34041591/

    Cesarean delivery and risk of hospitalization for autoimmune disorders before 14 years of age

  44. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/26371844/

    Cesarean section and disease associated with immune function

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